Drei schöne Radtouren auf Usedom

Usedom, mit durchschnittlich 1900 Sonnenstunden im Jahr eine der sonnigsten Plätze an der Ostsee, bot sich nicht nur zu Kaisers Zeiten, sondern auch heute wieder als Ferieninsel an – nicht nur zum Baden, sondern auch zu Fahrradfahren. Also haben wir uns 2021 aufgemacht.

Warum Usedom – von Stuttgart gesehen am anderen Ende von Deutschland? Anfang der 1990-ger lernten wir irgendwo zufällig Henrik Jeep kennen. Er hatte damals gerade zusammen mit Kerstin Wuchenauer ein Buch über seine Heimatinsel „Rund um Usedom“ (ISBN 3-923024-51-7) veröffentlicht. Es war kurz nach der Wende und für Usedom damals ein ungewisser Neuanfang, den die beiden mit viel Enthusiasmus, aber auch viel Hintergrundwissen beschrieben. Seitdem herrschte in uns der Wunsch, dieses uns unbekannte Usedom – und insbesondere die drei so genannten „Kaiserbäder“ – kennen zu lernen. Eine ungewisse Faszination hielt diesen Wunsch über mehr als 20 Jahre wach. Nun, 2021, war es so weit: eine Woche Usedom im ehemaligen Kaiserbad Bansin, das zumindest für uns schönste von den drei Orten, wobei auch Zinnowitz, ein weiteres, historisches Seebad, etwas westlicher gelegen, nicht ganz ohne ist.

Die Historie der Kaiserbäder auf Usedom

Die Ostsee-Insel Usedom steckt heute in der vierten Generation ihrer touristischen Erschließung. Angefangen hatte es Ende des 19. Jahrhunderts mit dem Adel und auch Kaiser Wilhelm II., der dort mehrfach zu Gast war. Aus den kleinen Fischerdörfern von Heringsdorf, Ahlbeck und Bansin wurden durch zahlreiche, neu erbaute Hotels und Villen mondäne Badeorte. Diese Jugendstilvillen sind zum Glück heute zu einem Großteil noch erhalten und strahlen – in den letzten Jahren hübsch renoviert – einen großen Reiz aus.

Nach dem 1. Weltkrieg veränderte sich das Publikum. Nun waren es zunächst vornehmlich reiche Bürger, die für einen erneuten Aufschwung, aber auch für eine Lockerung der bis dato sehr prüden Badeordnung (mit ins Wasser fahrbaren Badehäusern!) sorgten. Nach 1933 kamen immer mehr Nazi-Parteibonzen hinzu, sodass sich das kulturelle Klima erneut änderte, auch weil sich manches Seebad schon frühzeitig damit rühmte „judenfrei“ zu sein. Ab 1935 wurde dann der Norden rund um Peenemünde als Versuchsgelände für die so genannten „Vergeltungswaffen“ V1 und V2 abgesperrt.

Nach dem zweiten Weltkrieg änderte sich wieder alles: Usedom wurde zum „Volksbad“. Damit kam erneut ein anderes Publikum, nämlich die „Werktätigen“, also Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aus den Fabriken und Industrieanlagen der DDR. Deren Kombinate bauten hier und da neue, kombinatseigene Hotels, die insbesondere in Heringsdorf das Stadtbild auch heute noch teilweise prägen – nicht unbedingt in schönster Weise.

Am Ostsee-Strand in Zinnowitz

Seit der Wiedervereinigung 1990 ist zum vierten Mal wieder alles anders geworden. Private Investoren, aber auch Hotelketten, haben sich die Filetstücke reserviert und zum Beispiel auch die Seebrücken wieder neu aufgebaut. Wer allerdings meint, dass damit der Glanz der ersten beiden Perioden zurückgekommen wäre, der täuscht sich. Stattdessen erlebt man in den drei Kaiserbädern heute eine Art Massentourismus. Es sind dort überwiegend ältere Herrschaften, die nicht selten ihren Rollator über die breite, durchgängige Standpromenade schieben, wenn sie nicht einen der eng stehenden Strandkörbe besetzt halten. Westlich der Kaiserbäder, in den Waldbereichen, gibt es im Gegensatz dazu weniger Hotels, dafür aber sehr große Campingplätze, die von tausenden Campingfahrzeugen und wenigen Zelten genutzt werden, nicht selten auch als Dauercamper. Hier machen überwiegend Familien mit ihren Kindern Urlaub. Insofern kommt es auf Usedom zu einer Art Zweiteilung der touristischen Nutzung. Aber ziemlich voll war es (zumindest im Sommer 2021) überall.

Was Usedom den Urlaubern bietet

Usedom reizt, neben der Ostsee und schönen (fast-)Binnenseen, natürlich durch die Historie mit den Kaiserbädern und der ehemaligen Heeresversuchsanstalt auch mit einer schönen, gar nicht mal so flachen, sondern eher überraschend hügeligen Landschaft. Zudem veranstalten Touristenbüros und Hotels nette Kultur-Events. Was gibt es also?

  • Ganz oben auf der Liste steht natürlich der Strand mit Sonnen, Baden und Strandwandern. Da muss dann aber auch das Wetter und die Temperaturen mitmachen. Das ist an der Ostsee nicht verlässlich, sondern immer etwas Glückssache, aber auch bei 20° Luft- und Wassertemperatur macht ein schnelles Bad durchaus schon Spaß! Und auch ein Nachmittag im Strandkorb hat dann schon seinen Reiz!
  • Nett sind auch abendliche Kurkonzerte. Diese werden entweder von den Touristenbüros der Kaiserbäder organisiert – sie haben dafür auch entsprechende Kurkonzertbühnen. Hier kommen den ganzen Sommer Bands, die durch die Seebäder touren, aus ganz Europa und der Eintritt ist in der Regel kostenfrei, bzw. in der Kurkarte enthalten. Die Hotels engagieren eher „Alleinunterhalter“, die gern Oldies und Mitsinghits spielen und damit das ältere Publikum ansprechen. Aber somit ist eigentlich zumindest in einem der drei Kaiserbäder abends immer etwas los.
Stimmungsvolles Konzert einer französischen Band abends in Basin auf der Kurbühne
  • Neben den gleich ausführlich beschriebenen 3 Radtouren gibt es weitere Ziele für Radfahrer, wie u.a. Stolpe mit dem schönen Schloß, die zum Kriegsende gesprengte Eisenbahnhubbrücke in Karnin, die Schmetterlingsfarm in Trassenheide oder den Mini-Tropenzoo in Bansin. Wer nur zwischen den Kaiserbädern pendelt, kommt mit einem normalen Fahrrad gut zurecht. Wer mehr von der Insel sehen möchte, hat mit Pedelecs Vorteile.

Hier unsere 3 Radtourempfehlungen:

Radtour 1: Der Feiniger-Rundweg (Ostteil, 36km)

Die Tour bewegt sich auf den Spuren des deutsch-amerikanischen Malers und Bauhausmeisters Lyonel Feininger. Der war leidenschaftlicher Radfahrer und legte jährlich Tausende Kilometer zurück. Viele davon auf der Insel Usedom. Zwischen 1908 und 1912 erkundete er die Insel mit seinem „Cleveland Ohio“ Rad. Unterwegs fertigte er zahlreiche Skizzen an, die er dann später in Amerika zu über 80 Aquarellen, Holzschnitten, Lithografien, Radierungen und Ölbildern verarbeitet. Ein mehrfach genutztes Motiv waren die Kirche und die Holländerwindmühle in Benz.


Um die etwa 80 künstlerische Motive, die an insgesamt 40 Stationen entstanden, zu verbinden, baute man 2009 auf Usedom den Lyonel-Feininger-Rundweg für Fahrräder aus. Er hat eine Gesamtlänge von 56 Kilometern. Angeblich sind an den wichtigen Stellen überall Plaketten angebracht, nur kann man die auch leicht übersehen. Es gab dazu wohl auch mal eine App, die aber zumindest 2021 nicht mehr verfügbar war. Man muss sich also gut vorbereiten und sollte, um nichts zu verpassen, die Liste der Stationen mitnehmen.
Wir haben den Rundweg in 2 Teile geteilt. Dieses ist zunächst der östliche Teil, der so auf 36 km verkürzt ist und vom Startpunkt in Basin über Heringsdorf und Ahlbeck nach Świnoujście (Swinemünde) in Polen verläuft und dann wieder in Deutschland über kleine Dörfer und am Rande des Gothen-Sees zurück nach Bansin führt. (Hier ist der Verlauf unserer Feininger-Radtour mit den GPX-Tourdaten zu finden).

Los ging es am Morgen, wenn die Strandpromenade noch nicht ganz so voll ist. Das Gute ist, sie hat neben dem breiten Fußgängerstreifen auch einen Radweg. Dieser wird aber mehrfach an breiteren Zugangsstellen unterbrochen, an denen man dann kurz schieben muss. Es geht an den vielen wunderschönen und weitestgehend restaurierten Jugendstil- und Gründerzeit-Villen vorbei, die wirklich herrlich anzusehen sind.

Dabei ist auch, kurz hinter dem Ortseingang von Heringsdorf in der zur Standpromenade parallelen Maxim-Gorki-Straße mit der Nummer 13, das Haus Irmgard, in dem Maxim Gorki im Sommer 1922 auf Anraten von Lenin versuchte seine Tuberkulose auszukurieren. Im Gästebuch des Hauses hat er sich mit dem Satz „Und dennoch und trotz alledem werden die Menschen eines Tages wie Brüder leben“ verewigt. Das „dennoch“ spielt auf die ärmlichen Verhältnisse der normalen Heringsdorfer von damals an. Heute ist das Haus Irmgard ein Museum, in dem auch manchmal Ausstellungen, Konzerte und Filmvorführungen stattfinden.

Die Seebrücke in Heringsdorf

Dann erreicht man das Zentrum von Heringsdorf. Hier fällt auf, dass einige Bauten aus der DDR-Phase das Stadtbild nicht unbedingt verschönern, aber letztlich Zeitdokumente sind. Die sehr bekannte Seebrücke, die ursprünglich in den 1890-gern errichtet worden war, war 1957 durch ein Feuer vernichtet worden, wurde aber 1995 nach dem alten Vorbild wieder neu aufgebaut. Sie ist mit 508 m die längste Seebrücke in Europa. Die ist zwar schön anzusehen, aber eben auch sehr touristisch, was insbesondere anhand der Geschäfte, die sich auf der Brücke sich befinden, deutlich wird. Das merkt man auch in dem ganz draußen liegenden, großen, italienisches Restaurant, dem Ponte Rialto. Trotz gewisser Massenabfertigung ist die Qualität dort bei überraschend gemäßigten Preisen gar nicht so schlecht und für einen Eisbecher ist sowieso immer Platz – oder?

Seebad Ahlbeck

Weiter ging die Tour ins Seebad Ahlbeck – dem letzten der drei benachbarten Kaiserbäder. Auch hier wiederholt sich ein ähnliches Bild an deren Seebrücke. Also zügig weiter zur polnischen Grenze, die dank EU und Schengen heutzutage völlig durchlässig ist – man bemerkt sie fast gar nicht. Einmal richtig in Polen angekommen, hat es uns dann aber doch geschockt: Es sieht noch typisch nach altem Ostblock aus: kaum Farbe an den Häusern, viel grau in grau – wie aus einem alten Film. Wir hätten nicht gedacht, dass über 30 Jahre nach Öffnung des Ostblocks und dem EU-Beitritt Polens (mit großen Subventionen) das Land noch so anders darstellt als etwa Ostdeutschland heute. Warum ist das so?

Die König Christus Kirche in Swinemünde

Zunächst, direkt nach der Grenze, beginnt ein kilometerlanger Dauertrödelmarkt, offensichtlich für Deutsche, die günstig einkaufen wollen. Brauchten wir nicht und sind deshalb einfach weiter rein nach Świnoujście (Swinemünde) gefahren. (Für andere Erfahrungen siehe hier). Das erste war ein Kurzbesuch in der am Weg liegenden Kirche Christus der König (Kościół Rzymskokatolicki pw. Chrystusa Króla), bevor wir direkt bis zum Hafen gefahren sind. Swinemünde war zum Kriegsende sehr stark zerstört worden, sodass von dem einstigen „Weltbad“ trotz einiger Wiederaufbauten nicht mehr sehr viel zu sehen ist. Da wir keine Zloty hatten (und man die auf dem Trödelmarkt nur zu sehr schlechten Kursen tauschen kann), sind wir auch dort nirgends eingekehrt und einfach weiter auf dem Feininger-Weg wieder gen Deutschland geradelt. Irgendwie hat uns die gesamte Stimmung dort ein wenig deprimiert – wahrscheinlich muss man sich einfach mehr darauf einlassen, was aber ohne Sprachkenntnisse schwierig ist.

Kurz vor der Grenze, in Paprotno, gab es in einem Vorgarten eines Wohnhauses auf der rechten Straßenseite hinter einer Hecke noch nettes, schönes Kleinod: ein Miniaturnachbau einer Stadt – vielleicht sogar Swinemünde?

Direkt nach dem erneuten Grenzübertritt muss man, um der Tour zu folgen, auf der linken Seite etwas beschwerlich durch ein kleines Tor, das Teil eines Zaunes ist, um die Wildschweine aus Polen vom Grenzübertritt abzuhalten. Das ist gemacht worden, um die zurzeit in Polen grassierende Afrikanische Schweinepest möglichst rauszuhalten – nachvollziehbar. Vom Tor aus geht es auf einem sehr schönen, geraden Weg entlang eines kleinen Grenzflusses weiter in Richtung Garz. So schön stellt man sich eine grüne Grenze vor!

Die Grenze zwischen Polen und Deutschland

Kurz vor Garz liegt der Golm – ein großer Friedhof, in dem die Opfer der letzten Kriegstage bestattet wurden. In Garz angekommen sollte man sich auf jeden Fall einen kurzen Aufenthalt an dem überraschend mitten im Dörfchen auftauchenden Imbiss gönnen. „Wir haben hier eine sehr, sehr nette Selbstbedienung!“ ist Programm. Dazu gibt es lästerhafte, aber sehr unterhaltsame Kommentare vom Imbiss-Chef. Und die Pommes, zwar aus gepresster Kartoffelpaste und nicht handgeschnitzt, sind schon sehr lecker. Und auch das Heringsbrötchen hätte kaum besser sein können. Feiniger wäre Stammgast geworden!

Der nette und unterhaltsame Imbiss in Garz

Dann ging es vorbei am Flughafen Heringsdorf, den man kaum wahrnimmt und durch kleine Dörfer, wie Kutzow, Zirchow, Ulrichshorst, Koswandt, Seehof und Gothen und endet wieder in Bansin. Dabei kann man noch einen Abstecher rund um den Wolgastsee machen. Und wer erwartet, dass Usedom ganz flach ist, wird schon hier mit einer Erhebung bis auf 69 m merken, dass es auch einige Steigungen zu überwinden gibt

Radtour 2: Der Feiniger Rundweg (Südteil)

Man kann diese Tour auf fast 50 km ausdehnen und von Bansin nach Stolpe und dem Ort Usedom fahren. Kurz vor Stolpe, in Dargen im Ortsteil Prätenow, kommt man mit einem kleinen Abstecher noch bei Ina Schirmer vorbei. Sie ist absolute Expertin, was Wildkräuter angeht, und bei ihr kann man eine individuelle Führung durch ihren Kräutergarten buchen oder auch an Veranstaltungen teilnehmen, bei denen dann auch etwas aus den Kräutern Zubereitetes verzehrt werden kann.
Auch im Dorf Usedom empfiehlt sich ein kleiner Abstecher zur nicht idyllischen, sondern neu aufgebauten Inselmühle Usedom mit Cafe und Laden. Die haben prima Produkte: Neben kaltgepressten Ölen und Säften sind deren Spezialität die „Usedomer Oliven“ – eingelegte, grüne Kornelkirschen von der Insel.
Zu dieser Tour gibt es übrigens noch eine vermutlich noch spannendere Variante, mit einem kleinen Umweg, bei dem man sich bei Stolpe von einem Fährmann übersetzen lässt. Dazu muss man vorher bei Bedarf bei Familie Gaede auf dem Handy unter 0151-15358775 anrufen.
Wir haben uns für eine verkürzte Variante entschieden – ohne Stolpe und Usedom. Los ging es in Bansin (oder Heringsdorf). Man kann am Rande der Hauptstraße über Alt-Sallenthin fahren (was wir gemacht hatten). Vermutlich besser ist aber der nun geplante Weg über Neu-Sallenthin, wobei nicht ganz klar ist, wie der Weg nach Benz dann wirklich ist. In Benz geht es zuerst nach rechts ab zur St.-Petri-Kirche, zur direkt dahinter liegenden, sehenswerten Kunstgalerie Werth und – falls schon geöffnet (ab 12 Uhr), dem angeblich guten Cafe Alte Feuerwehr gegenüber der Kirche. Danach geht es zurück über die Hauptstraße zur anderen Seite, zur 1830 gebauten Holländermühle, die man auch besichtigen kann. Man bekommt einen sehr guten Eindruck vom früheren Leben der Müller. Funktionieren tut sie aber nicht mehr. Immerhin sieht man einzelne Teile der Mühlenmechanik und lernt etwas über ihre Funktionen. Oben bei der Mühle gibt es auch einen kleinen Imbiss, der leckeren Kuchen anbietet und die Eintrittskarten für die Mühlenbesichtigung verkauft.

Cafe an der Holländerwindmühle

Von da aus ging es vorbei an Neppemin zum 1575 als Herrensitz erbauten Wasserschloss Mellenthin. Es ist gut erhalten und insbesondere der mit Figuren und Reliefs geschmückte schöne Kamin aus dem Jahr 1613 ist sehenswert. Das Schloss bietet ein nettes Innenhof-Café, ein Hotel, eine Kaffeerösterei und manchmal einen schönen Markt im hinteren Garten, auf dem durchaus wertige Güter angeboten werden (nicht die oft übliche China-Ware). Sehen kann man das alles erst richtig, wenn man zunächst vorn an der Schlossbrücke einen Eintritt bezahlt hat (der im Café vergütet wird).

Das Schloss in Mellenthin

Weiter ging es nach Morgenitz und dort zur Kirche, die im 14./15. Jh. erbaut wurde und bemerkenswerte Deckenmalereien enthält. Und dann radelten wir über Balm wieder nach Neppemin. Diesmal aber oft mit Blick auf das „Achterwasser“ – einem fast-Binnensee mit mehr oder weniger Süßwasser.


Der dann folgende Weg nach Pudagla ist sehr schön, verläuft überwiegend als enger Pfad im Wald und ist deshalb eher etwas für Montainbikes. Er endet am Konker Berg an einem sehr schönen, ruhigen Sandstrand (mit Grillstelle) – also Badesachen mitnehmen! Wer solche Wege nicht so mag, kann auch neben der Hauptstraße nach Pudagla fahren – dort aber auch unbedingt zwei Abstecher machen: zur Bockwindmühle und zum Schloss/Café.
Folgt man dem geplanten Weg, so kommt man automatisch in Pudagla am dortigen, 1574 erbauten Schloss vorbei, wobei man es von außen gar nicht unbedingt als „Schloss“ erkennt, sondern eher als großen, älteren Bau. Dazu gehört am nördlichen Ende das nette Café „Die Bernsteinhexe“ mit Kunstausstellung und leckerem Kuchen. Tipp: Die Frau des Wirts macht ein hervorragendes Holunder-Gelee – mit Chance kann man ein Glas erwerben.

Draußen vor dem Cafe Bernsteinhexe in Pudagla

PS.: Übrigens gibt es auch einen Lyonel Feininger Radweg in Weimar. Feininger war der einzige Meister am Bauhaus, der von Anfang bis zum Ende dabei war und so ist es nur zu verständlich, dass man auch dort heute ihm zu Ehren einen seine wichtigsten Wirkungsstätten verbindenden Radweg anbietet.

Radtour 3: Von Binz nach Peenemünde

35 km für die Fahrt von Bansin nach Peenemünde klingt erst einmal nicht nach viel. Dass es aber doch etwas fordert, merkt man schon sehr bald nach der Abfahrt in Bansin. Es geht nämlich ganz schön bergauf, um den Langen Berg (54 m) herum. Diejenigen, die nur ein altes Leihfahrrad haben, müssen sich ganz schön bemühen. Da hat ein eBike/Pedelec schon seine Vorteile. Ist man einmal am Kölpinsee vorbei und hat auch den Streckelsberg (56 m) überwunden, dann liegt zur Linken Koserow. Dort kommt man an den denkmalgeschützten, sogenannten Salzhütten vorbei, die die letzten von einst 15 Hütten sind, die es um 1900 gab. Hier haben die Fischer Heringe gesalzen und damit haltbar gemacht. Seit 1987 sind sie denkmalgeschützt. Es gibt dort auch schon lange ein kleines Fischrestaurant.

Weiter geht es an der schmalsten Stelle von Usedom bei Zempin – an der die Insel 1847 nach einem Sturm schon mal geteilt war – vorbei nach Zinnowitz. Das ist ein recht reizvolles, schon über 700 Jahre altes Städtchen, das sich, wie die anderen auch vom Fischerdorf zum Seebad entwickelt hat. Hier wirkt vieles etwas entspannter und das Publikum ist ob der nahen Wohnmobilplätze auch jünger. Und natürlich gibt es auch hier schöne, alte Villen und eine nicht ganz so lange Seebrücke, aber dafür mit einer Besonderheit: ganz draußen befindet sich eine Tauchgondel, in der man die Ostsee von unten betrachten kann. Eine Fahrt dauert 30-40 Minuten und kostet 8,50€ für Erwachsene. Wegen der langen Schlange wartender Touristen haben wir drauf verzichtet. Als Anspielung darauf ist bei der Pizzeria gegenüber der Seebrücke, Bella Italia, eine weithin sichtbare, nach oben fahrende Kapsel, das Lift-Cafe, als Attraktion aufgebaut – immer zur vollen Stunde geht es nach oben!

Wer etwas Zeit hat, kann von Zinnowitz aus auch noch einen kleinen Abstecher an das Achterwasser auf die Halbinsel Gnitz in das Dorf Lütow unternehmen. Gleich am Ortseingang liegt das nette Cafe Seelchen (in der Saison täglich außer mo, 12-18 Uhr).

Für uns ging es weiter durch den Ort Zinnowitz und danach auf einer asphaltierten Straße durch den Wald. Dort, im angrenzenden Trassenheide, sieht man zahlreiche Ferienhäuser und noch viel mehr Wohnmobile. (Den Restaurant-Tipp dort für eine Stärkung während der Tour siehe weiter unten).

Umso weiter man sich Peenemünde nähert, desto mehr Fragmente der Vergangenheit aus der Zeit der dortigen Raketenentwicklung werden sichtbar. Peenemünde ist nämlich ein historischer Ort an dem zwischen 1936 und 1945 die weltweit ersten, mit Flüssigtreibstoff (ein Alkohol-Sauerstoff Gemisch) angetriebenen Raketen entwickelt wurden – die V1 und V2, mit denen Hitler versuchte, den bereits verlorenen Krieg doch noch zu gewinnen, wozu er damit London und Antwerpen bombardieren ließ. Angeblich gab es aber bei der Herstellung mehr Opfer (unter den Zwangsarbeitern) als durch die Raketen selbst.
Die Leitung der „Heeresversuchsanstalt“ hatte neben General Walter Dornberger auch Wernher von Braun, der direkt nach dem Krieg in die USA gehen durfte und dort eine zentrale Rolle in deren Mondraketenprogramm inne hielt – bis hin zu den Zeiten der ersten Mondlandung. Dornberger war schon 1930 als Leiter einer speziellen Abteilung im Heereswaffenamt berufen worden und von Braun wurde 1932 der Projektleiter der Raketenentwicklung. Auch der spätere Bundespräsident Walter Lübke war beteiligt und organisierte die Zwangsarbeiter aus einem KZ-Außenlager vor Ort – was dann wohl nach dem Krieg auch schnell verdrängt wurde.


Heute gibt es in Peenemünde nur noch das Historisch-Technische Museum, das im wesentlichen im ehemaligen Kraftwerk, das auch zu DDR-Zeiten noch länger genutzt wurde, untergebracht ist. Zu sehen sind u.a. eine V1 und eine V2. Recht detailliert wird über die Historie und die Rollen vieler Beteiligten informiert. Nur über Wernher von Braun konnte ich gar nichts finden – warum wird er und sein Mitwirken dort verschwiegen? Oder habe ich einfach etwas übersehen?

Natürlich kann man mit dem Rad zurück fahren. Bequemer ist in jedem Fall die Rückfahrt mit dem Regionalexpress, der stündlich verkehrt (Abfahrt in Peenemünde immer auf xx:31 Uhr, Ankunft Bansin Seebad yy:18Uhr, (https://reiseauskunft.bahn.de)). Eine Fahrradmitnahme ist (begrenzt) möglich, wobei schon viele Räder in den Zug passen. Diese Fahrt zurück in die Kaiserbäder ist nicht ganz billig: zu 10 Euro (Preisstufe 4) kommen pro Rad noch einmal 6 Euro hinzu. In Peenemünde am Bahngleis kann man keine Fahrkarten erwerben. Das geschieht dann während der Fahrt im Zug.

Unterbringung

Mit der Unterbringung ist es in der Hochsaison nicht ganz so einfach. Insbesondere für Radreisende auf der Durchfahrt – Stichwort „Ostseeradweg“ – könnte es, wenn man nicht campen will, eng werden: Kaum jemand vermietet für nur eine Nacht, drei sind oft das Minimum.
Und dann ist da noch etwas: Zumindest die größeren Hotels in den Kaiserbädern gehören zu oft zur Seetel-Kette, was man nicht unbedingt merkt, da es nicht in allen Namen auftaucht. Das muss ja eigentlich nicht schlecht sein, führt aber hier leider zu einer Art Gleichmachung. Die Zimmer sind gut, haben aber natürlich auch ihren Preis. Das Problem ist vielmehr die Gastronomie, die über einen Zentraleinkauf gemanagt wird. Das führt für die Kette sicher zu günstigeren Einkaufsbedingungen, reduziert aber leider auch die Vielfalt individueller Häuser. So sind beispielsweise die nahezu einheitlichen Weinkarten auf wenig Auswahl von sehr mäßiger Massenware reduziert. Manchmal gibt es noch einzelne Flaschen aus der Luxusklasse, aber ein Mittelbereich existiert nicht. Es lohnt sich damit auch nicht unbedingt zwischen den einzelnen Orten zu wechseln und mal hier und dort essen zu gehen, weil es doch überwiegend überall das gleiche gibt. Unsere Empfehlung ist unbedingt nach kleineren, privaten Restaurants zu schauen, die nicht zu dieser Kette gehören. Da gibt es durchaus einige schöne!

Essen gehen – etwas abseits vom Normalen

* Blauer Stein – in Bansin

Man merkt es auf den ersten und auch den zweiten Blick nicht, aber es ist trotzdem etwas besonderes. Man kann im Restaurant Blauer Stein im Hotel Dünenschloss, direkt an der Seebrücke in Bansin, mit etwas Glück etwas besonderes essen: die in weiten Teilen von Usedom ziemlich raren, wirklich frisch gefangenen Ostsee-Fische, die also nicht von der Firma Deutschen See aus dem Atlantik oder sonst woher herbeigekarrt wurden, sondern direkt aus dem Wasser rund um Usedom kommen. Denn das Restaurant wird von der Frau von Eddy Stoll betrieben und er ist einer der letzten vier Vollerwerbs-Fischer auf der Insel und liefert seinen Fang dort täglich ab. Das Ambiente und die Bedienung in dem Lokal (die beiden Kellner sind wohl eher Helfer beim morgendlichen Fischen als ausgebildete Kellner. Sie reden nicht viel und wenn dann auch nicht sonderlich freundlich) mögen in vielen Fällen nicht den Vorstellungen entsprechen. Aber wem das egal ist, der kommt auf seine Kosten, denn u.a. die Heringe sind einfach besonders lecker. Übrigens: Ein Kriterium, wie man fangfrisch und gut gebraten von „hat schon Monate in der Tiefkühltruhe gelebt“ unterscheiden kann, ist wie gut sich das Fleisch von den feinen Heringsgräten löst. Das ist ja beim Hering immer nicht ganz einfach. Hier fällt es nahezu ab.

*** Bauernstube Morgenitz – in Mellenthin, Ortsteil Morgenitz

Das vermutlich noch deutlich bessere Restaurant zum Essen von frischem Fisch ist wahrscheinlich die Bauernstube Morgenitz in, na ja, Morgenitz. Leider haben wir den Tipp zu spät erhalten, aber dort wird garantiert, dass man immer fangfrischen Fisch aus der Peene bekommt (also keinen Hering), den man – was ja Sinn macht – teilweise auch am Tag zuvor vorbestellen muss. Das klingt nach einem echten Höhepunkt! Vorher Reservieren nicht vergessen (geht auch online, nur dienstags bis samstags).

** Kaiserlounge am Kulm – in Heringsdorf

Die Kaiserlounge am Kulm in der Kulmstrasse 30 in Heringsdorf ist ein modern gehaltenes, kleines, aber feines Bistro mit herausragendem Service, der – für Usedom ungewöhnlicherweise – kein Polnisch versteht. Kleine Küche, kleine Karte, alles frisch! Nicht das große Gourmet-Menü, sondern eher etwas für mittags oder den kurzen Abend, aber wirklich nett! Auch der Kaffee ist gut, die Waffeln zum Nachtisch nicht vergessen, und Absacker gibt es an der kleinen Bar. In der Regel gilt: unbedingt reservieren.

**** Kulmeck bei Tony Wickboldt – in HeringsdorF

In der gleichen Strasse, nur ein Stück weiter rauf, in der Kulmstrasse 17, gibt es daes einzige Sternelokal auf der Insel:“Kulmeck bei Tony Wickboldt“ . Er bezieht seine frischen Wildkräuter übrigens von Ina Schirmer (siehe Tour 2). Dort waren wir jedoch nicht – deshalb hier kein Erfahrungsbericht.

* Nordwind – in Trassenheide

Auf unserer Fahrradtour nach Peenemünde kamen wir zur Mittagszeit zufällig in Trassenheide hinter Zinnowitz in der privaten Gaststätte & Eiscafe Nordwind vorbei. Das ist ein ganz normales Gasthaus, also nicht wirklich etwas besonderes, aber man kann dort ganz nett und ruhig draußen sitzen und die „gutbürgerliche Küche“ mit leckeren, frisch gemachten Speisen genießen. Keine Hochgastronomie, eher große Portionen, aber lecker – und das spiegelt sich auch positiv in den Preisen wider. Man muss da nicht extra hinfahren, aber wenn man sowieso in der Nähe ist, dann ist es ein guter Tipp! Wir würden wiederkommen.

Die Rückfahrt

Alles hat bekanntlich ein Ende. So auch der Urlaub auf Usedom. Wer nun aber glaubt, dass einen die Insulaner so einfach von der Insel lassen, der hat sich getäuscht. Da wird schnell mal eben die Brücke hochgezogen …

Würden wir wiederkommen? Hmm … es ist doch sehr weit weg von Stuttgart (wobei es vor Corona auch mal einen Direktflug gab) und auf den Nordseeinseln, in Büsum, in der Howachter Bucht, usw. ist es schon auch schön …

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